Seit dem frühen 20. Jahrhundert konzentriert sich modernes Denken auf Fortschritt. Die Utopie von „höchster Effizienz“ macht aus jedem Gegenstand ein nützliches Werkzeug. Auch heutzutage werden Arbeitsplätze immer noch an ihrer Effizienz gemessen. Beim Planen und Designen von Arbeitsumgebungen versuchen Designer und Ingenieure den Alltag zu vereinfachen, indem sie Dinge entwerfen, die sich dem menschlichen Körper anpassen. Dazu gehören zum Beispiel höhenverstellbare Schreibtische und ergonomische Schreibtischstühle. Zwar gibt dies unserem täglichen Leben eine Zweckmäßigkeit, stellte Koleksiyon fest, aber es behindert den menschlichen Körper auch in seiner natürlichen Eigenschaft: der Bewegung.
In der Natur passt sich nicht die Umgebung dem menschlichen oder tierischen Körper an, sondern der Körper passt sich unterschiedlichen Topografien an, um zu überleben. Diese Anpassungsfähigkeit erlaubt dynamische Bewegung und verschiedene Haltungen zu verschiedenen Zeiten.
Der selbstorganisierte Arbeitsplatz hingegen zielt darauf ab, Menschen in unterschiedlichen Haltungen und unerwarteten Abläufen zusammenzubringen, die zufällige Begegnungen schaffen und damit stimulierend wirken können. Die Fähigkeiten, Qualitäten und Eigenheiten jeder Person, jedes Teams oder jeder Abteilung werden so bereichert und gestärkt. Alternative Kommunikationspunkte ebenso wie separate Rückzugsorte sind chaotisch und nicht-orthogonal über die Bürofläche verteilt und verursachen damit den Drang sich zu bewegen, anstatt jeden Tag am gleichen Platz zu sitzen.
Die Grundlagen von Umberto Eco
Weg von klassischen strukturellen Gedankenformen hin zu Gedankenprozessen der „Offenheit“ lautet dieser Ansatz von Koleksiyon inspiriert von Umberto Ecos Essay „Die Poetik des offenen Kunstwerks“*. Hierin entwickelt der berühmte Autor Theorien über die Rezeption von Kunst, Literatur und Musik und formuliert dabei die These der „Serial Thoughts“, die Koray Malhan, Brand Design Manager von Koleksiyon, aufgreift: „Serial Thought heißt, sich dem Neu-Kreieren zu widmen, dem Unerwarteten zu begegnen, anstatt sich bei jedem Schritt den immer gleichen veralteten Strukturen gegenüber zu sehen.“
Wenn heute Hierarchien verschwimmen und sich Kommunikation mit den neuen Technologien unwiderruflich verändert, hat dies umfassende Auswirkungen auf die Gesellschaft und damit auch auf unsere Arbeitswelt. Die junge Generation ist im Aufbruch und bevorzugt bei ihren Lebenseinstellungen und in ihren Handlungen neue Governance-Modelle, in denen aufgeschlossene, gemeinschaftliche Organisationsformen vorherrschen. Eine strukturelle Veränderung ist im Gang, die dem Kerngedanken folgt, den Ur-Code der Kommunikation kontinuierlich und immer wieder neu zu interpretieren.
Diesen Gedanken überträgt Koleksiyon auf die neuen Arbeitswelten. Um einen Dialog einzuleiten, formulierte das Unternehmen anlässlich der Orgatec zwei grundlegende Fragen. Die erste Frage ist: Von wem sollte der Arbeitsplatz der Zukunft entwickelt werden? Von einem Experten-Team oder von den Mitarbeitern selbst, die ihn später durch ihre Tätigkeit erst zu einem Arbeitsplatz machen? Oder vielleicht von einer Planungsgruppe, an der sie wenigstens aktiv beteiligt werden?
Die zweite Frage betrifft die Wandlungsfähigkeit einer Arbeitsumgebung. Wie endgültig sollte eine Lösung sein und kann sie in einer Weise geformt werden, die für künftige Entwicklung offen ist? Ist es möglich, Systeme zu entwerfen, die für die Dynamik der Zeit offen sind, die in der Zeit formbar sind, die sich durch die Erfahrungen, Gedanken und sogar Träume der Menschen entwickeln oder sich gar ganz verwandeln können?
Auf diese Fragen gibt es noch keine klaren Antworten. Es reicht hervorzuheben, wie wichtig der Prozess des Fragens an sich ist. Denn: Neue, noch unbekannte Fragen zu stellen, sozusagen outside-the-box questions, erweitert unsere Vorstellungskraft eher, als nach Antworten zu suchen, die wir nicht finden können.
*Umberto Eco: Die Poetik des offenen Kunstwerks“, Seite 27-59 in Eco: „Das offene Kunstwerk“, Frankfurt am Main 81998
Koleksiyon auf der Orgatec: Halle 9.1 Stand C 029 B 028